Weisungsrecht des Arbeitgebers

Weisungsrecht des Arbeitgebers: was muss ich eigentlich alles schlucken?

Weisungsrecht des Arbeitgebers: was muss ich eigentlich alles schlucken?

Ich bin hier der Chef, also hören jetzt alle auf mein Kommando. Das ist wohl Alltag in vielen Unternehmen. Klar, der Arbeitgeber gibt die Anweisungen, schließlich kann er sich ja auf sein Weisungsrecht, auch Direktionsrecht, nach § 106 der Gewerbeordnung berufen. Aber gibt es da auch Grenzen? Ja. So steht es auch im Gesetz. Der Arbeitgeber kann „Inhalt Ort und Zeit der Arbeitsleistung“ bestimmen. Aber er darf dabei nicht gegen geltende Gesetze, bestehende Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen verstoßen. Wir haben heute mal zwei klassische Beispiele zu den Grenzen des Weisungsrechts für Euch zusammengefasst.

Fall 1: Versetzung an einen anderen Arbeitsort

Willi Müller freut sich. Er ist Buchhalter eines großen Unternehmens in Müllerstadt, seiner Heimatstadt. Dort hat er seine Frau kennengelernt. Er hat zwei Kinder, die in Müllerstadt zur Schule gehen. Nun ist die Familie dank Willis jahrelangem fleißigen Einsatzes für seine Firma endlich in der Lage, ein kleines Reihenhaus zu kaufen. Kaum ist die Familie umgezogen, kommt der Schock. Willis Firma will ihn in die Buchhaltung im Hauptstadtort Meierstadt, 600 km entfernt, versetzen. Was nun? Zunächst ist die Frage, was in Willis Arbeitsvertrag steht. Im Vertrag wird meist ein fester Arbeitsort definiert. Von diesem Ort kann nicht ohne Weiteres versetzt werden. Klauseln wie „ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer an einen anderen Unternehmensort zu versetzen […]“ sind ebenfalls mit Vorsicht zu genießen. Denn eine solche Maßnahme kann vom Arbeitgeber nicht erfolgen, ohne die sozialen Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Er müsste in diesem Fall ggf. auch eine Sozialauswahl treffen. Willi hätte jedenfalls sehr gute Chancen sich gegen die Versetzung zu wehren, da er z.B. durch seine schulpflichtigen Kinder, an den aktuellen Arbeitsort gebunden ist.

Fall 2: Versetzung in eine andere Tätigkeit

Maria Muster ist schon lange als Sekretärin in einem kleinen Logistikunternehmen beschäftigt. Als ein neuer Kunde die Auftragslage steigen lässt, möchte Marias Chef, dass sie ab sofort als Kommissioniererin im Lager Warensendungen zusammenstellt. Muss Maria den Arbeitsplatz wechseln? Auch hier ist die Frage, was im Arbeitsvertrag steht. Arbeitsverträge beinhalten meistens eine konkrete Stellenbeschreibung. Aber auch Zusätze wie: „Der Arbeitgeber behält sich vor, dem Arbeitnehmer vorübergehend oder dauerhaft eine andere zumutbare und gleichwertige Tätigkeit zuzuweisen, die seinen Vorkenntnissen […]“ sind häufig zu finden. Auch in diesem Beispiel gilt wieder: beide Interessen müssen abgewogen werden. Hinzu kommt allerdings, dass Marias Aufgaben als Sekretärin nicht gleichwertig sind zu denen der Kommissionierung. Auch Ihre Vorkenntnisse und Qualifikation entsprechen dieser Tätigkeit nicht.

Im Recht hin, im Recht her…

Was sollten Arbeitgeber aber nun unternehmen, wenn Sie Anweisungen erhalten, die sie, auch wenn sie mit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgesprochen werden (auch „unbillige Weisungen“ genannt) nicht hinnehmen wollen? Hier gibt es seit dem letzten Jahr eine Kehrtwende in der Rechtsprechung zu Gunsten der Arbeitnehmer.

Früher war es so, dass der Arbeitnehmer eine sogenannte unbillige Weisung erstmal hinnehmen musste, bis ein Gericht über seinen Fall entschieden hatte. Es blieb ihm also gar nichts anderes übrig, als gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Da viele dies aufgrund von wirtschaftlichen oder psychologischen Aspekten nicht konnten, zogen sie meist den Kürzeren und ließen sich beispielsweise durch andere, nicht angemessene Tätigkeiten degradieren. Nach einem Urteil des BAG vom 18.10.2017 (AZR 330/16), müssen Arbeitnehmer auch nicht vorrübergehend den Weisungen des Arbeitgebers nachgeben, wenn sie nicht gerechtfertigt sind.

Was hat sich geändert und was kann der Betriebsrat tun?

Schwierig für die Arbeitnehmer ist sicher immer noch, eine „unbillige Weisung“ des Arbeitgebers auch als solche zu erkennen, ohne einen rechtlichen Beistand einzuschalten. Der Betriebsrat kann zwar keine anwaltliche Beratung ersetzen, ist aber trotzdem ein guter erster Ansprechpartner in diesem Fall. Sollte eine Versetzungsmaßnahme des Arbeitgebers überdies dauerhaft sein, ist sie ohnehin zustimmungspflichtig. Der Betriebsrat sollte dem Arbeitnehmer jedoch dringend raten, nicht zwingend die Arbeit aufgrund einer unbilligen Weisung zu verweigern und sich eher doch auf anwaltliche Hilfe berufen. Somit ändert das Urteil eigentlich für die Arbeitnehmer in der Praxis leider nicht besonders viel.

Was tatsächlich, zum Beispiel in Arbeitsverträgen, rechtens ist und was nicht, erfahrt ihr auch in unseren Arbeitsrechtsseminaren, zum Beispiel im Seminar Arbeitsrecht Teil 3.


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